Der Himmel ist strahlend blau, in der Ferne sehe ich einen farbenfrohen Regenbogen. Zufrieden sitze ich mit meiner Familie im Garten. Ich trage einen ökologisch hergestellten Poncho. Mein Mann strahlt eine ruhige, innere Stärke aus. Wir lieben uns, es gibt keine Baustellen mehr. Die Kinder spielen vergnügt, das Glück scheint aus ihren Augen. Die Stimmung ist so harmonisch. Nichts stört uns. Das Leben ist schön. So oder so ähnlich stellte ich mir mein zukünftiges Leben immer vor. Ich wusste, dass es auch Krankheiten, Verluste, Verletzungen und Leid gibt. Natürlich wusste ich das, ich hatte selbst reichlich davon erlebt. Doch in meiner Naivität glaubte ich, das ich um glücklich zu sein alle negativen Ereignisse aus meinem Leben aussperren müsste. Ich übernahm also die Kontrolle, zumindest glaubte ich das. Mit aller Anstrengung bemühte ich mich um Harmonie und Frieden, nicht ahnend, dass das Leben mir etwas mitteilen wollte. Lebensbedrohliche Krankheiten, die Scheidung meiner Eltern, der Tod, aber auch weniger dramatische Ereignisse, wie meine Pubertät, verlorene Freundschaften, Liebeskummer und Umzüge, drängten sich in meine Märchenwelt. Jedes Mal das gleiche Gefühl. Es wurde eng,starr und verkrampft. Ich hatte Angst und wehrte mich über meine Grenzen hinaus gegen diese Gefühle. Ich spürte, nichts geht mehr und dennoch kämpfte ich weiter dagegen an. Ich konnte nicht verstehen warum mir so etwas passiert, warum mein Leben so gegen die Wand gefahren wird. Zu versuchen, negative Erfahrungen aus dem eigenen Leben auszuschließen ist gleichbedeutend damit, dem Leben oder seiner Seele nicht zuzuhören. Mal ehrlich, wie viele Umbrüche hast du in deinem Leben erfahren, ohne das diesen eine Krise vorausging? Natürlich konnte es auch bei mir nicht anders sein. Möglicherweise habe ich die Krisen mit meiner Abwehrhaltung sogar verstärkt. Um gehört zu werden, musste meine Seele mich anschreien. Ich bin nun 33 Jahre alt und wenn ich heute auf mein Leben zurück blicke ist mir klar, diese Krisen waren mein größtes Glück. Weiter im nächsten Post

Und wenn ich an eine meiner bisher größten Krisen denke, verstört mich diese Sichtweise selbst ein wenig. Ich war zum ersten Mal schwanger. Der Wunsch eine eigene Familie zu gründen, war zu diesem Zeitpunkt schon lange in mir gereift und nun war es endlich so weit. Ich hatte mir vorgenommen alles perfekt zu machen. Vertrauen, loslassen, genießen. All das , was mir sonst so schwer fiel, wollte ich nun schaffen. Ich sah mich als Vorzeigemutter, wie mir alles leicht von der Hand ging. Doch schon mit dem positiven Schwangerschaftstest kamen die Blutungen und somit auch die Ängste. Eigentlich hatte ich gehofft, ohne Ärzte auszukommen, doch daraus wurde nichts. Ich war schwanger mit eineiigen Zwillingen. Es war um mich geschehen. Ich befand mich in einer Spirale aus Ängsten, Kontrolle und dem immer wieder aufkeimenden Wunsch, eine vertrauensvolle und harmonische Haltung zu meiner Schwangerschaft zu entwickeln. Mein Bauchgefühl sagte mir deutlich, das irgendetwas nicht stimmen würde. Die Ärzte taten dies als Spinnerei ab und in dem Gefühl der Verunsicherung glaubte ich mir auch selbst nicht. Ich spürte, das das Leben meiner Kinder von mir abhängt und ich entschied mich zu kämpfen. Fast die gesamte Schwangerschaft habe ich liegend erlebt. Unzählige Kontrolluntersuchungen, wochenlang starke Wehen, tägliche Spritzen, zwei Operationen, eine davon in einer Klinik in Belgien, starke Bauch- und Kopfschmerzen, das war die Realität. Die Angst meine Kinder zu verlieren, bestimmte jede Sekunde meines Lebens. Psychisch und körperlich war ich am Ende.
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In der 30. Schwangerschaftswoche, nach ewigen, schmerzhaften Wehen, glaubten die Ärzte mir endlich. Ich hatte schon vor Tagen einen Blasensprung und es kam zum Notkaiserschnitt. Der ausführende Arzt behandelte mich kühl und gefühlslos. Er begrüßte mich nicht, stellte sich nicht vor und antwortete nicht auf meine Fragen. Für mich ging es um Leben und Tod und diesem Menschen schien es vollkommen gleichgültig zu sein. Ich sah meine Mädchen nur wenige Sekunden, bevor sie auf die Intensivstation gebracht wurden. Für eine meiner Töchter gab es keine echte Chance. Sie kämpfte mehrere Wochen und wir wollte die Hoffnung nicht aufgeben. Ich konnte sehen, wie ihre Seele von uns ging. Gleichzeitig kämpfte sich mein zweites Kind ins Leben. Freude und Leid waren so nah beieinander. Wieder kamen all diese Gefühle. Ich war wütend, verzweifelt und hatte Schuldgefühle. Der Moment in dem meine Tochter starb, hatte aber auch eine unglaublich friedliche Kraft. Ich konnte mich in diesem Frieden meinen Gefühlen und der Realität hingeben. Es ist so passiert, das ist mein Leben. Ich verspüre noch heute tiefste Trauer über den Verlust meines Sonnenkindes. Aber ich empfinde die Trauer in Demut und auf friedliche und liebevolle Art und Weise. Es ist vielleicht schwer nachvollziehbar, aber ich möchte diese Erfahrung nicht missen. Ich bin unendlich dankbar für meine zweite Tochter und ich bin dankbar für die wenigen Wochen, die ich mit Sunne hatte. Die Freude, die Trauer und die Sehnsucht sind immer noch ganz nah beieinander. Ich glaube fest daran, dass wir uns wiedersehen werden. 
„ Mögen sich die Wege vor deinen Füßen ebnen, mögest du den Wind im Rücken haben, möge die Sonne warm dein Gesicht bescheinen. Und bis wir uns wiedersehen, möge Gott seine schützende Hand über dir halten.“(irischer Segensspruch)
... und mögen wir alle auch in dunkelsten Zeiten das Licht sehen und dem Leben vertrauen können. 
In tiefer Liebe, Dankbarkeit und Hingabe für dieses Leben Jessi